ÜBER UNS

Der Eine Welt Forum Düsseldorf e.V. ist ein Netzwerk für Entwicklungszusammenarbeit in Düsseldorf und fördert die Eine Welt Arbeit durch:

  • Vernetzung der Initiativen
  • Mitarbeit in politischen und bürgerschaftlichen Gremien
  • Akquisition von Sponsoren
  • Partizipation in Arbeitsgruppen und Bündnissen
  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
  • Kulturkooperationen und Bildungsarbeit

mehr erfahren

Das Eine Welt Forum Düsseldorf e.V. wird gefördert durch

das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Landeshauptstadt Düsseldorf!

pic
Das FSJ-P, die Dienstpflicht und ein herzliches Willkommen!
Lesezeit: 6 Minuten

„Wir brauchen Menschen, und wir brauchen vor allem junge Menschen, die sich für das Gemeinwohl in unserer Gesellschaft einsetzen.“, sagt unser Bundeskanzler Friedrich Merz. Und damit herzlich willkommen beim Blog des Eine Welt Forums Düsseldorf.

Es ist schon eine Weile her, dass dieser Blog regelmäßig bespielt wurde. Das soll sich jetzt ändern. Mein Name ist Clemens Landwehr und ich bin seit dem ersten September 2025 der neue Freiwilligendienstleistende im Eine Welt Forum Düsseldorf.

Mit dem einleitenden Zitat möchte ich die laufende Debatte um eine mögliche Dienstpflicht für junge Menschen aufgreifen. Ja, ich stimme Herrn Merz in einem Punkt zu: Unsere Gesellschaft ist auf Solidarität und gemeinschaftliches Engagement angewiesen. Und ja, es ist richtig, dass auch junge Menschen Teil dieser Verantwortung sein sollten. Aber daraus ein verpflichtendes Dienstjahr für alle Jugendlichen abzuleiten, halte ich nicht nur für falsch, sondern empfinde es auch als unangebracht. Wir sprechen hier von einer Generation, die während der Pandemie die wohl prägendsten Jahre ihres Teenager-Lebens geopfert hat. Einer Generation, die sich mit den Folgen der Klimakrise auseinandersetzen muss, weil politische Entscheidungen zur Bekämpfung dieser weiter auf sich warten lassen. Einer Generation, die schon jetzt mit Unsicherheit in die Zukunft blickt, weil unklar ist, wie ihre Rente einmal aussehen wird. Mit welchem Recht soll dieser Generation ein Pflichtdienst vorgeschrieben werden, wenn sie gleichzeitig das Gefühl hat, die Politik lässt sie allein?

Man kann nicht einerseits die Bedürfnisse und Stimmen junger Menschen ignorieren und ihnen andererseits einen Dienst aufzwingen, der systematische Versäumnisse der letzten Jahrzehnte ausgleichen soll. Der Kulturpass, der jungen Menschen den Zugang zu kultureller Teilhabe unabhängig von ihrer finanziellen Lage ermöglicht hat, wird nicht verlängert, weil das zu teuer sei. Dieses Projekt hat nicht nur unsere Kulturszene unterstützt, sondern auch gezeigt, dass die Bedürfnisse junger Menschen nicht egal sind. Es war ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber der jungen Generation. Das Projekt ist Geschichte. Stattdessen soll unsere Generation ein Dienstjahr „geschenkt“ bekommen.

Das ist kein Einsatz für die Gesellschaft, das ist politische Bequemlichkeit.

Doch selbst wenn man die Idee für sinnvoll hält, muss man sich fragen: Ist unser System überhaupt vorbereitet auf einen solchen Pflichtdienst? Was passiert, wenn plötzlich tausende junge Menschen in Strukturen hineingedrückt werden, die gar nicht dafür ausgelegt sind? Wenn sie in Einrichtungen landen, in denen es weder Kapazitäten noch Konzepte für ihren Einsatz gibt? Es wird nicht funktionieren.

Liebe Leserinnen und Leser, lieber Herr Merz,
wäre es nicht sinnvoller, die Bedingungen für Freiwilligendienste so zu verbessern, dass mehr junge Menschen sich freiwillig dafür entscheiden würden? Statt sie zu zwingen, sollten sie überzeugt werden. Indem ihnen gezeigt wird, dass ihr Engagement wertgeschätzt wird. Indem ihnen gezeigt wird, dass ihr Einsatz einen Unterschied macht. Und indem ihnen überhaupt erst ermöglicht wird, sich diesen Dienst leisten zu können.

Wir wollen uns engagieren und lernen. Frisch aus der Schule wollen wir erst einmal Fuß fassen und spannende Einblicke gewinnen. Niemand tritt einen solchen Dienst des Geldes wegen an. Und niemand erwartet das Gehalt einer ausgebildeten Fachkraft. Aber ein Taschengeld, das nicht zum selbstständigen Leben reicht, ist für viele ein Grund, diesen Dienst gar nicht erst antreten zu können. Die finanzielle Frage ist für uns junge Menschen entscheidend. Nicht alle bekommen Unterstützung von Zuhause. Nicht alle können es sich leisten, ein Jahr lang mit so wenig Geld auszukommen. Und solange das so ist, bleiben viele potenzielle Freiwillige außen vor. Nicht weil sie nicht wollen. Sondern weil sie nicht können. Wer also mehr junge Menschen für gesellschaftliches Engagement gewinnen möchte, sollte nicht über Zwang sprechen. Sondern über Anerkennung und Unterstützung.

Trotz der Hürden habe ich mich für ein Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben entschieden. Denn ich finde einen solchen Dienst keinesfalls schlecht. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden sollten und der Dienst weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen muss, um zu funktionieren und unsere Gesellschaft voranzubringen. Freiwillige brauchen eine Motivation, den Wunsch sich zu engagieren, zu lernen und zu wachsen. Wer ein FSJ-P oder ähnlichen Dienst macht, sollte nicht aus Zwang handeln, sondern aus Überzeugung. Auf die Frage: „Warum machst du eigentlich ein FSJ-P im Eine Welt Forum Düsseldorf?“ kann ich deswegen auch beruhigt antworten: Weil ich an gesellschaftliches Engagement glaube und nicht daran, dass konservative Politiker den Ton angeben sollten.

Um die Frage ausführlicher zu beantworten erstmal etwas zu mir: Ich heiße Clemens, bin 18 Jahre alt und komme aus Bochum. Im Juli habe ich mein Abitur bestanden und damit meine Schullaufbahn abgeschlossen. Ich stand vor der großen Frage: Was jetzt? Acht Jahre an derselben Schule, mit denselben Menschen und plötzlich soll ich entscheiden, was ich für den Rest meines Lebens machen will. Studieren? Wahrscheinlich. Irgendwas mit Politik? Vielleicht. Ich war etwas planlos und wollte mich erstmal orientieren. In meiner Schulzeit habe ich mich mehrere Jahre in der Schüler*innenvertretung und als Schüler*innensprecher engagiert. Oft wird dieser Job wie eine Formalität behandelt, die sich gerade in jungen Jahren gut auf dem Lebenslauf macht und einen guten Eindruck bei den Lehrer*innen hinterlässt. Stolz kann ich sagen: Für mich war es etwas mehr.

Neben Projekten, welche den direkten Schulalltag betreffen, wie die Neuausstattung zweier Aufenthaltsräume, die Gründung eines Anti-Diskriminierungsgremiums oder auch einfach mal eine schöne Weihnachtsaktion, haben wir die Installation einer Photovoltaikanlage auf unserem Schuldach initiiert! Ein echtes Highlight für die ganze Schule. Der Prozess dahin war anstrengend, nicht immer einfach und hat viel Vorbereitung gebraucht. Das Ergebnis war es jedoch wert. Und das haben Politik und Presse ebenfalls anerkannt. So wurde eine Einweihungsfeier organisiert und ich erinnere*¹ mich noch genau daran, wie ich sagte:

„Wir freuen uns sehr, dass das Projekt realisiert wird. Es zeigt, dass wir aus unseren Klassenräumen heraus etwas bewirken können.“

Ein Interesse an Politik und vor allem an Fragen der Nachhaltigkeit hatte ich schon länger, aber durch diese Erfahrungen hat sich mein Blick nochmal verändert. Ich war plötzlich nicht mehr nur Zuschauer, der sich Bundestagsdebatten beim Mittagessen auf YouTube anschaut, sondern ich war mittendrin. Ich habe Gespräche mit Politiker*innen aus meiner Region geführt, versucht sie von meinem Vorhaben zu überzeugen und verstanden wie Entscheidungen entstehen, die unseren direkten Alltag betreffen. Ich habe gemerkt: Wenn ich mich engagiere, wenn ich für meine Ziele arbeite und mich einsetze, dann kann ich etwas bewirken. Politik wirkt immer wie dieser komplexe Apparat bestehend aus „denen da oben“ und „uns hier unten“. Aber so ist es nicht. Jede und jeder von uns hat die Chance ein aktiver Teil zu sein und unsere Gesellschaft mitzugestalten.

Für mich war klar: Mit meinem Abschluss möchte ich mein Engagement nicht aufgeben. Da war es passend, dass ich auf einer Konferenz der Schüler*innenvertretungen von den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (ijgd) und dem FSJ-P erfuhr. Ich begann mich umzuschauen, welche Einsatzstellen es gibt, was mich wirklich anspricht und wo ich das Gefühl habe, etwas sinnvolles tun zu können. Ich kam zum Eine Welt Forum Düsseldorf. Nach einer kleinen Recherche war mir klar, dass ich hier genau das machen kann wofür ich mich interessiere. Die Eine Welt-Arbeit ist so vielschichtig und divers, dass sie viele meiner Interessen verbindet. Hier hoffe ich mehr über globale Gerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung, politische Bildungsarbeit und so viel mehr zu lernen. Gleichzeitig sehe ich hier die Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln, neue Perspektiven kennenzulernen und aktiv mitzugestalten. Genau das, was ich gesucht habe. Und ich kann sagen: Ich bin bisher sehr glücklich mit meiner Entscheidung. Schon in den ersten Wochen habe ich unglaublich viel gesehen und erlebt. Wenn das so weitergeht, wird mir hier wirklich nie langweilig.

Ich freue mich, diesen Blog zu reaktivieren. Es werden wahrscheinlich keine wöchentlichen Beiträge, so wie es früher mal der Fall war, aber ich versuche mir regelmäßig die Zeit zu nehmen, Ihnen zu schreiben. Ich freue mich auf ein spannendes Jahr und hoffe, dass wir schon ganz bald in den Austausch treten können. Wenn Sie mir Ihre Perspektive zu diesem Blogeintrag mitteilen wollen, können Sie mir gerne hier schreiben.

Ihr Clemens

*¹Ich erinnere mich an den Wortlaut tatsächlich nicht, dafür ist mein Gedächtnis deutlich zu schlecht. Ein Blick in damalige Unterlagen hat allerdings dieses Zitat ausgespuckt 😉