Die Rösterei VIER
Die Rösterei VIER steht für frisch gerösteten und direkt gehandelten Kaffee aus nachhaltigem Anbau. Insgesamt bezieht die Rösterei ihren Kaffee aus über 18 verschiedenen Farmen weltweit. Dabei achten sie besonders auf Qualität, Transparenz und faire Bedingungen für alle Beteiligten. Durch ihre jahrelangen Erfahrungen und den Besuchen der Herkunftsländer besteht ein enger Kontakt zu allen Schnittstellen der Wertschöpfungs- und Lieferkette. Auf diesen direkten Austausch legt die Rösterei VIER großen Wert, da nur so der hohe qualitative Standard eingehalten werden kann und Projekte zur regionalen Entwicklung realisiert werden können. Neben ihrer Filiale mitten in der Düsseldorfer Altstadt gegenüber des alten Rathauses existieren noch drei weitere Standorte in Düsseldorf. Außerdem beliefert die Rösterei weitere Cafés und Restaurants sowie Büros, Hotels und Coworking Spaces.
Interview mit Mateusz Petlinski
Mateusz Petlinski ist Geschäftsführer der Rösterei VIER. Wenn man mit ihm spricht, merkt man sofort, mit wie viel Leidenschaft er seinen Beruf lebt. Wir haben uns mit ihm über Kaffeegenuss, Fairen Handel und den Düsseldorf Kaffee ausgetauscht.
Foto: Timur Frolik
Welche Rolle spielt Kaffee in deinem Leben?
Natürlich trinke ich Kaffee, so wie andere Menschen auch, um wach zu werden und wach zu bleiben. Aber Kaffee ist für mich auch ein Türöffner für historische Hintergründe, naturwissenschaftliche Zusammenhänge und persönliche Geschichten der Menschen, die mit dem Kaffee verbunden sind. Ich kann mich in verschiedenste Themen rund um Kaffee schnell hineinsteigern. Es erstreckt sich komplett vom puren Trinkgenuss bis hin zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Kaffee.
Wie sieht dein normaler Arbeitsalltag aus?
Mein Alltag besteht zu einem großen Teil aus Kaffeetrinken, aber nicht immer aus Genussgründen. Meistens trinke ich meinen Kaffee „objektiv“. Das heißt, ich mache mir während des Kaffeetrinkens Gedanken darüber, wie er schmeckt und was mir beispielsweise bei der Röstung auffällt. Manche meiner Qualitätskontrollen dauern zwei bis drei Stunden.
Dazu kommen zum Beispiel noch die Planung von Rohkaffeebeständen sowie die Jahresplanung von unserer Versorgung.
Warum hast du dich für deinen jetzigen Beruf entschieden?
Ich habe mich nicht bewusst dazu entschieden. Vielmehr bin ich aus Versehen hineingeraten, wie die meisten Menschen in der Kaffee-Welt.
Während meiner Tätigkeiten in der Gastronomie hat sich eine Affinität zu Kaffee und Kaffeespezialitäten entwickelt. Das hat mich ziemlich gepackt und fasziniert. Mittlerweile setze ich mich viel mehr mit Kaffee auseinander als mit Gastronomie. Aber dass es so kam, ist mehr Zufall als bewusste Entscheidung.
Was sind besondere Herausforderungen oder Schwerpunkte in deiner Arbeit?
Die größte Herausforderung für mich ist es, meinen persönlichen Geschmack und meine persönlichen Vorlieben für Kaffee nicht zu einem allgemein gültigen Qualitätsmerkmal zu machen. Ich mag Kaffees, die experimentell sind und je experimenteller und ungewöhnlicher desto besser schmeckt mir der Kaffee. Allerdings stimmt das nicht mit dem allgemeinen Geschmack des Großteils der kaffeetrinkenden Bevölkerung in Deutschland überein. Deswegen muss man sehr emphatisch daran arbeiten, wie der Kaffee eigentlich schmecken soll, da die geschmacklichen Interessen des Kaffeeproduzenten mit den Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher verknüpft werden müssen. Dementsprechend ist es teilweise sehr herausfordernd, sich in die verschiedenen Positionen zu begeben und die einzelnen Geschmäcker zu vereinen.
Was wünscht du dir für die Zukunft?
Ich würde mir wünschen, dass sich die Kaffeeindustrie ein bisschen holistischer sehen würde und nicht so tut, als bestünde sie vor allem aus Röster*innen und Baristas. Die Kaffeeindustrie beginnt nämlich bei der Produktion am anderen Ende der Welt. Wir als Kaffeeröster und als Barista sind nicht diejenigen, die den Kaffee herstellen, sondern der Kaffeefarmer ist derjenige, der den Kaffee herstellt. Den sollten wir in den Mittelpunkt stellen und nicht unsere eigenen Egos als Kaffeeröster. Teure Espressomaschinen und „Death Before Decaf“-Tattoos sorgen vielleicht für gutes Branding, aber im Vordergrund steht derjenige, der das Rohprodukt herstellt, der Kaffeefarmer. Der braucht mehr Aufmerksamkeit. Da gibt es noch sehr viel zu entdecken und den müssen wir auf Augenhöhe holen.
Wie ist dein Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit und Fairen Handel entstanden?
Das ist durch die bloße Konfrontation damit entstanden, dass die Wertschöpfungskette so unfassbar lang ist. Wenn man einmal mit einem Kaffeeproduzenten gesprochen hat, dann weiß man, wie viele Herausforderungen es in den Bereichen Logistik, Bezahlung und Finanzierung über das ganze Jahr gibt. Daran hat man vorher nicht gedacht. Wenn man Kaffee anonym von irgendeiner Liste kauft, dann wird man damit auch nicht konfrontiert. Man merkt schon in einem oberflächlichen Gespräch mit einem Kaffeefarmer, dass die Herausforderungen sehr viel tiefer gehen, als man das vorher gedacht hat. Das machen wir hier eigentlich jeden Tag.
Was ist das Besondere am Düsseldorf Kaffee?
Der Düsseldorf Kaffee schlägt einen Bogen zwischen einer absoluten Kaffeestadt, wie Düsseldorf, mit richtig vielen Spezialitätenkaffees und Spezialitätenkaffeeröstereien zu einem kleinen Dorf in Tansania, in dem der Kaffee angebaut wird. Zwischen den beiden Orten gibt es eine lange Wertschöpfungskette, die wir mit dem Düsseldorf Kaffee richtig gut beleuchten können. Mit all den Herausforderungen, die es mit sich bringt, wenn man Kaffee aus Tansania nach Deutschland bringen will, eröffnen sich auch neue Möglichkeiten für eine langfristige Partnerschaft und für richtig geilen Kaffee.
Wie würdest du den Geschmack beschreiben?
Der Kaffee geht in eine leichtere Richtung ohne kratzige Würze oder rauchigen Aromen. Am spannendsten finde ich seine hohe Klarheit und Frische, bei der eine leichte Säure mitklingt. Die ist aber gut eingebunden in herbe Töne wie Kakao, grüner Apfel, Trauben und schwarzer Tee. Sehr balanciert und super angenehm zu trinken.
Warum habt ihr euch bewusst gegen eines der üblichen Fair Trade Zertifikate entschieden?
Allgemein stehen wir mit Zertifikaten nicht auf Kriegsfuß. Allerdings brauchen wir sie für unsere Arbeit nicht. Zertifikate sind erstmal Leistungen, die nicht wir erbringen, sondern die an erster Stelle der Kaffeeproduzent erbringen muss. Wir finden, dass ein Kaffeeproduzent genug Arbeit hat, auf die er sich konzentrieren muss und genug Kosten, die er für ein ganzes Jahr tragen muss. Eine Zertifizierung, egal welche es ist, kostet erstmal Geld. Dieses Geld kann allerdings auch eingesetzt werden, um die Bezahlung der Picker*innen zu verbessern, eine bessere Infrastruktur aufzubauen oder auch um in Bildung und Fortbildungen zu investieren. Wir brauchen den Nachweis über ein Zertifikat nicht, um mit jemandem faire Geschäfte machen zu können. Wir ersetzten das durch einen persönlichen Austausch und einen direkten Kontakt. Dadurch fallen viele Sachen, die eine Zertifizierung uns als sicheres Gefühl mitgibt, weg. Wir müssen das so authentisch und transparent vermitteln, dass derjenige, der den Kaffee trinkt, uns glaubt, dass wir tatsächlich vor Ort sind. Die Ressourcen investieren wir lieber in einen direkten Handel auf Augenhöhe, als in ein Zertifikat oder Gütesiegel für ein moralisch gutes Gefühl.