Halbzeitbilanz – Ausblick und Rückblick
Lesezeit: 7 MinutenDie Halbzeitbilanz meines Freiwilligendienstes rückt immer näher und näher. Es ist Zeit für einen neuen Blog. Also habe ich angefangen in den Blogs meines Vorgängers zu recherchieren. Daraufhin ist mir die Idee gekommen, zwei Themen aufzugreifen, die mein Vorgänger in seinen Blogs angestoßen hat.
Corona und die Patentfreigabe – globale Impfsolidarität:
In dem Blog vom 01. April des vergangenen Jahres wurde die Impfsolidarität auf einer globalen Ebene in den Fokus gerückt sowie eine Patentierung der bestehenden Impfstoffe stark kritisiert. Ist die Situation insbesondere für Länder des globalen Südens besser geworden? Wie ist der aktuelle Stand und wie geht es weiter?
Bei meinen jüngsten Recherchen bin ich auf einen Artikel des Auswärtigen Amtes gestoßen, welcher beschreibt, dass Deutschland seit August 2021 Hilfe und Unterstützung in Form von Impfdosenspenden leistet. Die Zusammenarbeit erfolgt hierbei vor allem mit der globalen Initiative „COVAX“, die sich für den Zugang zu Covid-19-Impfstoffen weltweit einsetzt. Darüber hinaus sollen auch in diesem Jahr Impfdosen weiterhin in erhöhter Form gespendet werden. Die Spenden werden mit den Staaten der EU und der G7 über die COVAX Initiative organisiert.
Das klingt erst einmal alles sehr vielversprechend! Aber wie sinnvoll ist die vermeintliche Wohltätigkeitsaktion der westlichen Industrienationen? Fakt ist, dass ein Technologie-Transfer nicht vorhanden ist. Demzufolge ist von einer „Tötung der Patente“ keineswegs die Rede und die oben beschriebene globale Solidarität gestaltet sich vielmehr als ein Schein. Unter einer funktionierenden Entwicklungszusammenarbeit verstehe ich persönlich etwas anderes.
Die Folge ist am Beispiel von Südafrika zu erkennen. Anstatt das vorhandenes Wissens transferiert wird, ist das Land nun gezwungen, an einem eigenen Impfstoff auf Datenbasis des Impfstoffes von Moderna zu forschen. Meiner Meinung nach, ist dies ein Versagen der gepredigten globalen Solidarität und eine unnötige Ressourcenverschwendung. Es wird mittels scheinbar hohen Anstrengungen an Impfspenden eine selbstgefällige Solidarität gelebt, aber vom Strukturaufbau zur Verbesserung der Situation in Entwicklungsländern fehlt jede Spur. Wem soll das nützen, frage ich mich. Ohne eine globale Bekämpfung der Pandemie auf Augenhöhe bleibt es eine Pandemie und es wird auch in Zukunft keine großen Verbesserungen geben.
Das Fazit bleibt leider nach neun Monaten sehr enttäuschend denn: Wir scheitern krachend an dem Charaktertest!
Was werden wir in einem Jahr sagen, wenn wir auf Myanmar blicken?:
Wir müssen leider sagen, dass sich die Lage als immer dramatischer darstellt. Es hat sich wenig geändert in dem letzten Jahr und die Unterstützung seitens der G7 Staaten für die Bevölkerung in Myanmar fällt eher mäßig aus.
Zur Erinnerung: Am 01. Februar 2021 putschten die Militärs in Myanmar die demokratisch neu gewählte Regierung unter dem Vorwand, dass es sich um gefälschte Wahlen gehandelt haben soll. Daraufhin kam es zu Protesten seitens der Bevölkerung, welche brutal von den Militärs niedergeschlagen worden sind. Erst im vergangenen Dezember wurde die gestürzte Regierungschefin Aung San Suu Kyi erneut zu weiteren Haftstrafen, auf Grund von angeblichen Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung, verurteilt. Es handelt sich hierbei um eine weitere Bestrafung in einer langen Reihe von Verurteilungen, welche sich mittlerweile zu einer lebenslange Haftstrafe von Aung San Suu Kyi summieren. Darüber hinaus gibt es weiterhin Proteste im Land, die immer noch brutal von den Militärs bekämpft werden. Die EU und Deutschland verurteilen diese Situation und das Verhalten des Militärs in Myanmar, aber bleiben dennoch beinahe untätig, wie vor nun fast einem Jahr. Um das hier mal ganz eindeutig klar zu stellen: Bei den Ereignissen in Myanmar handelt es sich um Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzungen!
Auf der anderen Seite muss ich der Vollständigkeit halber an dieser Stelle dennoch etwas erwähnen. Es gibt einen Lichtblick, der aus einem Artikel vom 19. April 2021 des Europäischen Rates der EU zu entnehmen ist, welcher Sanktionen gegen die Militärs Myanmars verhängt. „Die restriktiven Maßnahmen, zu denen ein Reiseverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten gehören, gelten nunmehr für insgesamt 35 Personen und zwei Unternehmen. Darüber hinaus ist es Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen der EU verboten, den gelisteten Personen und Organisationen finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch bleiben bereits geltende restriktive Maßnahmen der EU bestehen. Hierzu gehören ein Embargo für Rüstungsgüter und Ausrüstungen, die zur internen Repression verwendet werden können, ein Verbot der Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck für die Verwendung durch das Militär oder die Grenzschutzpolizei und Beschränkungen der Ausfuhr von Ausrüstung zur Kommunikationsüberwachung, die zur internen Repression verwendet werden könnte, sowie ein Verbot der militärischen Ausbildung und der militärischen Zusammenarbeit mit der Tatmadaw.“
Die USA, Kanada und Großbritannien folgten mit ähnlichen Sanktionen. Es gibt also Hoffnung, dass die aktuell vorherrschende Tyrannei in Myanmar nicht unbeachtet bleibt. Die Zukunft ist sehr ungewiss und es bleibt weiterhin offen, wie die einzelnen Akteur*innen der internationalen Staatengemeinschaft auf die Ereignisse reagieren werden.
Es ist wichtig, dass die Situation große mediale Aufmerksamkeit bekommt. Der Druck auf die Militärs in Myanmar muss weiterhin steigen um eine Handlungsunfähigkeit zu erreichen. Vor allem muss der Handel, insbesondere mit Waffen, umgehend gestoppt werden. Diverse Artikel von dem Netzwerk „Justice for Myanmar (JFM)“ beweisen allerdings das Gegenteil. Wenn der Handel zwischen den Militärs in Myanmar und den G7 Nationen auch in Zukunft weiterhin besteht, bleiben „Forderungen auf ein Ende der Gewalt“, wie es in einem Artikel des Auswärtigen Amtes heißt, nur leere Worte.