#payyourworkers und #schickSALE
Lesezeit: 8 MinutenEin Kommentar.
Moderne Sklaverei. Das war das Thema meiner zweiten FSJ-Seminarwoche, die letzte Woche als digitales Format über Zoom stattfand. Moderne Sklaverei lädt zum Nachdenken ein. Sklaverei? Das gibt es doch heute gar nicht mehr und was soll da eine moderne Form von sein? Eine Woche lang intensives Debattieren über drängende Fragen unserer Zeit: Niedriglöhne, Kinderarbeit, Zwangsprostitution. In diesem Blogeintrag möchte ich Revue passieren lassen und Einblick geben in meine Gedankenwelt rund um das manchmal sperrige, aber gerade auch entwicklungspolitische drängende Thema der modernen Sklaverei, der Ausbeutung, der mangelhaften Bezahlung, der konsequenten Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten.
Zu Beginn der Woche ist mir unabhängig von der Seminarwoche die Aktion #payyourworkers der Clean Clothes Campaign bekannt geworden. Gerade während einer globalen Pandemie darben und leiden die Arbeiter*innen in der Textilproduktion besonders. Bedingungen, die man selbst vor der Pandemie, unter keinen Umständen als menschenwürdig hätte bezeichnen können, wurden noch schlimmer. Selbst die Hungerlöhne wurden nicht gezahlt, Aufträge brachen weg und bereits georderte Ware wurde von den großen Ketten nicht abgenommen. Begründung: Pandemie. Dabei wird noch einmal ganz eindeutig von der CCC darauf hingewiesen: Es reicht nicht aus, die georderten Waren nachzubezahlen. Es muss sichergestellt werden, dass das Geld auch bei den Arbeiter*innen ankommt. Da muss Druck auf die großen Unternehmen ausgeübt werden. Es kann doch nicht sein, dass sich diese Pandemie auf dem Rücken derer auswirkt, die bereits vor der Pandemie schamlos ausgebeutet wurden? Doch, kann es. Zumindest aktuell. Schwangere Frauen werden vor die Tür gesetzt, Arbeiter*innen zu Kündigungen gezwungen, massiver Druck auf die Beschäftigten wird ausgeübt und Löhne ohne hinreichende Begründung deutlich zusammengestrichen. Das ist keine akzeptable Situation und gerade deswegen müssen sich die großen Firmen zu ihrer wirtschaftlichen, sozialen und moralischen Verantwortung bekennen. Pay your workers!
Auf diese Aktion machten dann auch wir als Seminargruppe aufmerksam. Ich habe dieses Thema in die Gruppe getragen, weil ich es passend zum Thema Hungerlöhne und den miserablen Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen in der Textilproduktion fand. Pay your workers ist jetzt in erster Linie eine Kampagne, die auf die Missstände in der Textilindustrie hinweisen sollen. Das bedeutet aber nicht, dass man den universellen Charakter dahinter nicht auch weiten kann. Ich finde ganz grundsätzlich, dass wir in dieser Pandemie sichergehen müssen, dass wir die Solidarität und die Unterstützung für den globalen Süden, für die Arbeitnehmer*innen am untersten Minimum der Existenz, für diejenigen, die weltweit für ihre Menschenrechte kämpfen, vergessen dürfen. Daran sollte uns meiner Meinung nach diese Kampagne auch erinnern. An die Möglichkeiten, die uns offenstehen: Druck auf Politik und Konzerne ausüben. Deutlich machen, dass es so auf keinen Fall weitergehen kann. Hungerlöhne als ein weltweites Phänomen und Problem, das es gilt in den Griff zu kriegen. Das würde ich mir für die Zukunft wünschen. Da sollte man nicht nur vor unserer Haustür kehren, sondern auch den Blick weiten. Eine Welt in Vielfalt muss Eine Welt ohne Hungerlöhne und mit existenzsichernden Löhnen weltweit sein.
Ein Thema, was uns die gesamte Seminarwoche immer wieder begleitet hat, nie aber konkretes Thema war, ist das des Lieferkettengesetzes. Es schien immer wieder durch – wohl auch, weil gerade Lieferketten immerhin ein Thema sind, welches man gerade bei Themen wie Kinderarbeit und Billiglöhnen mitbehandeln muss. Hier möchte ich auf den #schickSALE aufmerksam machen, der gerade aktuell viel geteilt wird angesichts des anstehenden Black Fridays. Shoppen, shoppen, shoppen – man kann sich kaum noch halten. Es ist Black Friday, Black Week, Black Weekend, Black Month, Cyber Monday und wie sie alle heißen. Der jährlich auftretende Konsumrausch mit fadenscheinigen SuperSonder-Angeboten, bunt leuchtenden Preissenkungen und merkwürdigen Rabattcodes. Die Initiative Lieferkettengesetz macht anlässlich des Black Fridays noch einmal auf die Schicksale aufmerksam, auf konkrete Fallbeispiele, an denen sich wie ich finde nahezu lückenlos erkennen lässt, wozu Profitgier und Ausbeutung führen. https://lieferkettengesetz.de/fallbeispiele/ Gegen Gewinne ohne Gewissen! Das ist ein wichtiges Thema und ich kann nur empfehlen, sich genau beim Lieferkettengesetz einzulesen und für sich selbst zu entscheiden, inwiefern man beispielsweise die Petition an Bundeswirtschaftsminister Altmaier unterschreiben kann. Wir brauchen eine Kehrtwende – mit einer lückenlosen Abkehr von Lieferketten, in denen man zu Menschenrechtsverletzungen, schamloser Ausbeutung und Bedrohung unserer natürlichen Ressourcen durch verantwortungsloses Verhalten scheinbar noch ermutigt wird, um noch höhere Gewinne einzufahren. Das geht zu Lasten derjenigen, die unter solchen Bedingungen „arbeiten“ müssen.
Moderne Sklaverei. So kamen mir die Erlebnisberichte und Fallbeispiele häufig vor, die wir als Seminargruppe in dieser Woche erlebt haben. Es gibt aber auch Schwierigkeiten mit dieser Definition. Man muss immer trennscharf arbeiten, wenn man mit so meinungsstarken Definitionen hantiert. Mir ist es ebenso wichtig herauszustellen, dass man sich neben dem Kampf für gerechte globale Lieferketten und eine angemessene Bezahlung von Arbeiter*innen, auch immer bewusst machen muss, dass jeder Schritt in die richtige Richtung ein guter Schritt ist. Man wird vermutlich nicht mit einem Schlag Kinderarbeit verbieten können, man kann vermutlich auch nicht mit einem Schlag die Lebensrealität von Textilarbeiter*innen verbessern können. Man muss aber irgendwo anfangen. Man muss konkrete Ansätze liefern und man muss dafür sorgen, dass die Tendenz in die richtige Richtung geht. Damit man sich einem Ziel auch annähern kann. So oder so ähnlich, hoffe ich, dass sich die weitere Situation entwickeln wird. Bis dahin hoffe ich, dass die Akteur*innen weiter laut bleiben. Nur eine Zivilgesellschaft, die meinungsstark ist, kann politische Veränderungen mit herbeiführen.
Liebe Alle, das war mein Blog für diese Woche mit einem ersten inhaltlichen Kommentar im Nachgang zu meiner Seminarwoche beim ijgd. Ich möchte an der Stelle gerne betonen, dass ich für inhaltliche Anmerkungen, Kritik und Rückmeldung unter der E-Mail-Adresse fsjpolitik@eineweltforum.de zu erreichen bin.
Jetzt nutze ich noch die Chance um die Mitglieder meiner Seminargruppe (samt Teamerinnen) zu grüßen.
Liebe Grüße an: Anna, Anne, Ann-So, Clara, Dilara, Donja, Dörthe, Emma, Fanny, Henri, Jette, John, Jonatan, Julian, Lars, Lexa, Matthes, Nick, Sascha
Ich freue mich schon auf die nächste Woche – sowohl die nächste Seminarwoche, als auch die nächste Blogwoche.
Bis dahin
Liebe Grüße
Fabian