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Das Eine Welt Forum Düsseldorf e.V. ist ein Netzwerk für Entwicklungszusammenarbeit in Düsseldorf und fördert die Eine Welt Arbeit durch:

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das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Landeshauptstadt Düsseldorf!

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Mütend oder: gebt die Patente frei!
Lesezeit: 3 Minuten

Ein Kommentar.

Es gibt momentan genug Gründe mütend zu sein. Mütend als Kombination aus müde und wütend hat das Potenzial, die Stimmungslage einer Nation zu beschreiben. Heute geht es in diesem Blogbeitrag um die Corona-Pandemie. Es geht dabei aber nicht so sehr um meine persönliche Befindlichkeit, sondern um ein globales, umfassendes Problem. Wir ärgern uns über unser eigenes schleppendes Impftempo. Impfen, Impfen, Impfen – was für uns nach einem realistischen Ziel für die nächsten Monate klingt, löst in manchen Teilen der Welt nur ein bitteres Kopfschütteln aus. Eine Pandemie kann nur global besiegt werden. Das wird auch niemand ernsthaft bezweifeln wollen. Wann aber fangen wir an mit der globalen Bekämpfung? Wann erkennen wir, dass diese globale Bekämpfung nicht nur durch Impfungen für Industrienationen im Globalen Norden erreicht wird? Wann fällt uns unser unsolidarisches Verhalten auf die Füße?

Bei unserer Jahreshauptversammlung am Montag war Dieter Müller von Medico International zu Gast. Er stellte uns die Kampagne “Patente töten” vor, die u.a. von Medico und vielen anderen Partnerorganisationen vorgetragen wird. Als ich hörte, dass die Patente freigegeben werden sollen, war ich zunächst skeptisch. Mein Reflex war: Hört sich aber drastisch an! Mittlerweile sehe ich das nicht mehr so. Wenn man sich die Fakten anschaut, so muss man jedenfalls nach meinem Dafürhalten ganz eindeutig sehen: Die Patente freizugeben, also einen TRIPS-Waiver durchzusetzen, wäre die richtige Entscheidung und sie würde vermutlich dazu beitragen, Menschenleben zu retten. Ein TRIPS-Waiver wäre hier also die Ausnahmeregelung aus dem Vertragswerk der Welthandelsorganisation WTO, welches eine Freigabe der Patente ermöglicht.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor nicht allzu langer Zeit davon gesprochen, dass die Impfstoffe ein Gemeingut seien. Recht hat sie. Nicht nur, dass große Teile der Forschungsfinanzierung für die Impfstoffe aus öffentlicher Hand erfolgt sind, sondern auch, dass vom Grundverständnis her, alles dafür getan werden muss, um ein lebensrettendes Gut, wie die Impfstoffe gegen eine grassierende Pandemie, so schnell und unbürokratisch wie möglich weltweit verteilt werden sollten. Hier hört mein Verständnis dann aber auf: Es gibt Länder, die bereit wären, den Impfstoff in noch größerem Volumen zu produzieren. Es gibt ungenutzte Produktionskapazitäten. Es gibt gleichzeitig einen riesigen Bedarf an Impfstoffen. Einzig und allein im Sinne der Profitmaximierung auf eine Freigabe der lebensrettenden Patente zu verzichten – wie kann das sein? Wie kann man das vertreten?

Die Patentfreigabe wird von Gegner*innen jedweder Couleur gleich als eine besonders radikale, besonders weitgehende Form betrachtet. Dabei würden die bisherigen Impfstofflieferanten ja dennoch weiter verdienen können. Eine radikalere Forderung wäre da sicherlich die Enteignung der Biotech-Konzerne. So aber bleibt doch ein fader Beigeschmack hängen: Wäre die Patentfreigabe nicht eine gute und effektive Lösung, um Impfstoff global gerechter und schneller verteilen zu können? Vertun wir hier gerade eine große Chance und riskieren wir unter Umständen vieles? Wenn man Virolog*innen und Epidemiolog*innen heutzutage zuhört, scheint es gewiss zu sein, dass uns Exit-Mutationen drohen könnten. Mutationen, bei denen jeder erreichte Fortschritt zunichte gemacht werden könnte. Je schneller wir impfen, desto besser. Wenn dieser Grundsatz gilt, können wir dann wirklich behaupten, dass wir so schnell impfen, wie es geht? Was sollen denn die Menschen im Globalen Süden denken? Machen wir wirklich alles menschenmögliche, um auch dort so schnell wie möglich zu impfen?

Bei einer Frage der globalen Solidarität geht es um viel mehr, als um Eigennutz, es geht um gelebte Solidarität, um gelebte Nächstenliebe und um gelebte Gerechtigkeit.
Die Krise ist ein Charaktertest.

Ich hoffe, dass wir bei diesem Test, nicht krachend scheitern.